Was sein könnte, wenn sie könnten – die Parteien: eine brandaktuelle Studie, die FLY`, die Creative Consultancy der Demner.Group, beim market Institut in Auftrag gegeben hat, verdeutlicht, wie sehr die politische Lage schon bei der letzten Nationalratswahl anders hätte aussehen können.
Ausgelöst durch einen „Betriebsunfall“ bei einer Umfrage zu einer DMB. Kampagne anlässlich der Nationalratswahl 2024 offenbart sich ein zentrales Problem der österreichischen Politik: vergeudetes Potenzial durch fehlende, die Menschen weithin abholende Erzählungen. Dies nahmen die Strateginnen von FLY‘ zum Anlass, es genauer wissen zu wollen. Die Erkenntnis: die meisten Parteien schöpfen ihr Wähler:innen-Potenzial nicht annähernd aus, schaffen es nicht, auf einfache und breitenwirksame Weise ihre möglichen Wählerkreise zu erreichen.
„Die Frage ist nicht nur, was Parteien sagen und auf welche Themen sie setzen, sondern wie sie es erzählen“, soKatharina Schmid, Geschäftsführerin FLY‘. „In einer Zeit multipler Krisen – von Klimawandel bis gesellschaftlicher Spaltung – braucht es große Erzählungen, die Zuversicht stiften und Orientierung geben. Erzählungen, die einfach zugänglich sind, ein größeres Ganzes adressieren und damit auch bei Menschen über den eigenen Wähler:innenkreis hinaus Zustimmung finden.“
Große Erzählungen prägen unser Weltbild – und unser Wahlverhalten
Wie der Historiker Yuval Noah Harari („Nexus“) aufzeigt, hat sich der Mensch deshalb weiterentwickelt, weil er im Unterschied zu den Neandertalern ein erzählendes Wesen ist. Politische Erzählungen wie Barack Obamas „Yes We Can“, aber auch Ronald Reagans „Make America Great Again“, das man nun in einem beunruhigend wirksamen Remake erlebt, zeigen, wie kraftvoll solche Erzählungen sein können. Auch in Österreich haben sie unser Land verändert. Der Großmeister der politischen Kommunikation, Bruno Kreisky hat Viele eingeladen „ein Stück des Weges“ miteinander zu gehen, „das moderne Österreich bauen“ („Lasst Kreisky und sein Team arbeiten!“) – weit über die Wählerschaft der SPÖ hinausgehend. Demner, Merlicek & Bergmann / DMB. hat zu einigen solch spektakulärer Erzählungen beigetragen: „Ganze Männer machen Halbe-Halbe“ hatte hierzulande weit vor der Zeit Anteil daran, patriarchale Denkmuster aufzubrechen. Die Zitterpartie des EU-Beitritts bei ursprünglich 2/3 Gegner:innen wurde mit bohrenden Fragen („Gemeinsam oder einsam?“) zum 2/3 „Ja“. Die Bürger:innen fühlten sich gefragt statt überfahren und entschieden sich für das, was sie, womöglich im Zweifel, für das kleinere Übel hielten: den EU-Beitritt.
Mariusz Jan Demner, Chairman Demner.Group: „Wer keine Geschichte erzählen kann, wird auch keine schreiben. Alle kochen mit Wasser. In der Politik glaubt man mitunter sogar ohne auskommen zu können. Das Wasser sind die großen Erzählungen, die Menschen berühren und abholen können.“
Wie steht es um belastbare Zukunftserzählungen für Österreich?
Nur knapp über 50 % der Wahlberechtigten trauen einer Partei überhaupt zu, eine klare Vorstellung von der Zukunft des Landes zu haben. Die Wünsche hingegen sind klar formuliert: Eine starke Wirtschaft (23 %), ein geschütztes Heimatland (22 %) und soziale Gerechtigkeit (20 %) stehen ganz oben. Junge Wähler:innen zwischen 16 und 29 Jahren setzen vor allem auf soziale Gerechtigkeit. Doch genau hier liegt das Versäumnis: so manche Partei schafft es nicht, diese Zukunftsbilder in greifbare, glaubwürdige Erzählungen zu übersetzen.
Werner Beutelmeyer, Geschäftsführer market Institut: „Der politische Stammkunde ist zum Auslaufmodell geworden. Hohe Wechselbereitschaft schafft gleichzeitig gewaltige neue politische Chancen. Persönlichkeit, Themenbesetzung und das Management der gesellschaftlichen Stimmungslage werden immer wichtiger.“
Eine Erkenntnis, die alle Parteien jetzt für sich nutzen könnten, um bei der nächsten Wahl ihre Potenziale besser auszuschöpfen: Wer keine Geschichte erzählen kann, wird auch keine schreiben.